In ikonischer Topographie längt sich jene Erhebungsreihe aus dem lybischen und ionischen Meer heraus und wird zum Schmelztiegel der Mittelmeerkulturen. Vielleicht nicht mehr heute, jedoch vor 4000 Jahren, als hier mit den Minoern die erste Hochkultur Europas entstand. Eng verknüpft mit der Kultivierung der Olive als wirtschaftlichem Zentrum, errichteten diese mit Knossos und Phaistos Palaststädte, die als Handelszentrum den ägyptischen, arabischen und europäischen Raum verknüpften. Auch heute noch ist es die Omnipräsenz des Olivenbaums, der weite Teile der Insel prägt.

Doch nicht nur dieser; es ist der schnelle Wechsel aus Paradiesstränden und schneebedeckten Bergen, aus der massentouristischen Nordküste und den unzugänglichen Gebirgsregionen von Lefka Ori und Ida, die den Eindruck bestimmen. Aquamarin und Schneeweiß, Kalkgrau und Marineblau.

Für den mitteleuropäischen Van-Reisenden ist Kreta ziemlich weit entfernt. Ist er fahrfaul, muss dieser zunächst einen italienischen Hafen erreichen, eine 24-stündige Fährfahrt nach dem griechischen Festland absolvieren, anschließend auf ungeraden Wegen den Peloponnes überqueren und sich weitere acht Stunden über das Meer fahren lassen, bis er — nicht mehr ganz in Europa, aber auch noch nicht ganz woanders — das Eiland mit dem warmen Winter erreicht.

Und selbst dort geht es nicht ganz selbstverständlich voran und es wird schnell klar, wieso die Straßen — bzw. was man hier als solche bezeichnet — vor allem vom Pickup-Modell „Hillux“ der Marke Toyota geprägt sind: Für eine acht Kilometer lange Rumpelpiste zur Lagune von Bálos darf man in Schrittgeschwindigkeit gerne mal 45 Minuten rechnen.

Doch lohnt ihn all das mit einem wesentlichen Gewinn: Andere Menschen wird man hier kaum antreffen. Vor allem keine Reisenden.

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